In der vergangenen Woche war ich zwei Mal aus. Das ist quasi 100 Prozent mehr, als in den letzten eineinhalb Jahren. Es war wirklich schön. Es gab was Leckeres zu Essen, auch zu trinken, sowie spannende und teils sogar witzige Gespräche. Für mich war es also die perfekte ICH-Zeit. Diese Me Time, von der alle reden und sagen, wie wichtig sie doch ist. Recht haben sie!

Also nehme ich mir ganz fest vor, mir viel häufiger so eine kleine Auszeit zu nehmen. Also am sehr späten Abend, während ich noch trunken von dieser neu gewonnenen Freiheit und ein wenig vom Weißwein nach Hause torkele. Doch schon der nächste Morgen (Ach, was sage ich da?! Schon die auf den Abend folgende Nacht) bringt mich wieder auf den ungesaugten Boden der Tatsachen zurück.

Denn, kaum habe ich mich für die Nacht fertiggemacht (und in meinem Alter nimmt diese Prozedur bereits einen nicht unerheblichen Teil des Abends ein) und mich anschließend in mein gemütliches Bett begeben, fängt das Kleinkind (weiter im Text K2 genannt) an zu flennen. Ist ja klar! Schließlich steckt es gerade mal wieder in einem seiner „Sprünge“ drin und will nun offenbar genau jetzt darüber mit mir „reden“.

Also reingehen, ein paar Schlucke Wasser geben, streicheln, gut zureden, wieder hinlegen, Nuckel rein, Löwi in den Arm geben, nochmal streicheln, gute Nacht zuflüstern, leise den Rückzug antreten. Doch nix da. Das Kind durchschaut das Manöver sofort und fängt erneut bitterlich an zu klagen. Also das Ganze vorn vorne. Beim circa vierten Mal gelingt mir nun die Flucht aus der nach Penaten-Creme und Windeln duftenden Höhle des Löwen.

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Schleiche mich nun nicht mehr ganz so trunken, dafür aber um einiges müder Richtung Bett. Kaum eingeschlafen – Erdbeben. Alles wackelt. Mein Kopf wird zur Seite gedrückt, im Rücken spüre ich harte Steine. Vollkommen verpennt mache ich ein Auge auf. Stelle fest – doch kein Erdbeben. Das große Kind (im Folgenden K1 genannt) ist nun da und versucht sein Kissen zwischen das meine und das meines Mannes zu schieben. Um genügend Schubkraft zu entwickeln, drückt es dabei seine Knie mit aller Stärke, die es zur Verfügung hat, in mein Kreuz. So schön!

Setze mich auf. Drücke unsere Kissen auseinander, um Platz für seins zu schaffen, packe den Hasi in seine Arme, decke zu, gucke auf die Uhr – kurz nach 3 Uhr. „Komm, Lenchen, schnell wieder einschlafen, lange hast du nicht mehr.“ Doch wie immer seit Corona ist es leichter gesagt als getan. Als hätten sie ihre Chance gerochen, brechen nun tausende Gedanken, von denen nicht einmal die Hälfte überhaupt Sinn ergibt, in meinen müden müden Kopf ein – und – „Alle einsteigen, das Gedanken-Karussell geht jetzt los, los los!“

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Nach 30 Minuten kann ich nicht mehr und suche nach Hilfe. Diese kommt nun nicht wie vor den Kindern in Form des spontanen, Schlaf fördernden Geschlechtsverkehrs, sondern in Form einer veganen Yogatante, die mir im Flüsterton über die Kopfhörer erzählt, dass ich mich entspannen und die Reise zu meinem inneren Krafttier antreten solle. Es ist aber eigentlich auch vollkommen egal, was sie da erzählt, denn schon ihre Stimme und die sanften Musikklänge tun bereits, was sie tun sollen und mein Gehirnkarussell wird langsamer, bis es ganz anhält und ich selig und mein Krafttier umarmend einschlummere.

Blöderweise haben wir Zuhause aber neben meinem imaginären durch Meditation herbeibeschworenen Vierbeiner, auch ein echtes da. Eins mit ausfallendem Fell und einem Appetit, der wirklich sehr viele Fragen aufwirft. Denn dieses miauende Etwas scheint ohne gleich ZWEI Mahlzeiten in der Nacht zu verhungern. Zumindest hört es sich so an, wenn diese bereits etwas demente Katzen-Dame gegen 5.30 Uhr morgens ihr das Rückenmark erschütterndes „MIAU“ durch das Haus brüllt.

Früher habe ich regelmäßig mit allen möglichen an meinem Bett liegenden Gegenständen nach ihr geschmissen, bis sie sich genug erschreckt und die Klappe gehalten hat. Nun aber kommen mehrere neue Faktoren dazu, die dieses Vorgehen leider nicht mehr zulassen. Zum einen ist die Katze, wie bereits erwähnt, mit den Jahren etwas, nun ja, sagen wir mal, schusselig geworden. Daher vermute ich, dass sie es einfach nicht mehr rafft, dass das auf sie zufliegende Kissen etwas mit ihrem Miauen zu tun haben könnte. Für das Erkennen dieses Zusammenhangs scheint ihre Denkkapazität einfach nicht mehr auszureichen. Und das zweite ist natürlich, dass ich panische Angst davor habe, dass sie durch ihr Gebrüll die Kinder aufweckt. Und die kann ich ja dann nicht mit einem Kissen bewerfen, bis sie ihre Klappe halten. Oder? Also probiert habe ich es noch nicht. Also bisher. Egal. Jedenfalls ist nun sehr schnelles und vor allem leises Handeln gefragt. Wer mich aber kennt, weißt, dass mein oben erwähntes inneres Krafttier das Trampeltier sein dürfte. Doch ich gebe mir wirklich Mühe.

Also steige ich, ganz leise fluchend, aus dem Bett und „renne“ runter, um dem fast verhungerten, dementen Stubentiger sein erstes Frühstück zu servieren. Muss mich dabei allerdings sehr zusammenreißen, um das Getier nicht selbst zum Frühstück zu verspeisen – oder es zumindest in den Ofen zu stecken. Man, kann diese Katze nerven!

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Nach der erfolgreichen Mission, wieder ins Bett – 1-2 Stunden Schlaf müssten noch drin sein, denke ich mir. Doch K2 ist da anderer Meinung. Es hat nun genug geschlafen und möchte das der Welt auch gerne mitteilen. Aus seinem Zimmerchen sind nun sehr niedliche, aber nicht gerade leise „Da-ta-tas“, „Pa-pa-pas“ und „Brrrrums“ zu hören. Na, wenigstens weint er nicht. Doch die Brrrrums und die Da-das reichen aus, um K1 zu wecken. „Mama, ich glaube K2 schläft nicht mehr. Ich kann ihn nämlich hören!“, teilt K1 mir und meinem Mann sofort mit, während er seine Augen noch nicht einmal aufgemacht hat. „Darf ich ihn besuchen gehen?“ „Nein!“ – fahren mein Mann und ich nun gemeinsam das endgültig wache Kind an. Doch es ist eigentlich vollkommen egal, was wir sagen, denn so oder so – Ruhe gibt es hier nun nicht mehr. Aufstehen ist angesagt.

Zu meinem Glück habe ich einen Mann an meiner Seite, der sehr viel Mitgefühl für mich übrig hat. Also darf ich noch liegen bleiben. Doch auch die nächsten eineinhalb Stunden „Schlaf“, die ungefähr alle 10 Minuten von irgendwelchem Geschrei unterbrochen werden, machen es nicht wirklich besser.

Als ich ins Wohnzimmer komme, warten alle meine Störenfriede, samt Katze, bereits auf mich. „Na, wie war dein Abend gestern?“, fragt der am wenigsten störende. „Fantastisch!“, sage ich, denke aber, dass ich wohl noch ein-zwei Tage brauchen werde, um mich davon zu erholen. Und dass meine nächste Me Time wohl eher aus Lavendel-Bad, einem Hörbuch und schlafen gehen um 20 Uhr bestehen wird.